Lebenslang verbunden

Vor längerer Zeit kam ein Bursche zu mir, der eine sehr starke Legasthenie und Dyskalkulie hatte. Er war bemüht, gab nie auf und war ein sehr dankbarer Bursche!

Wir arbeiteten jahrelang zusammen. Da die Familie eine sehr schwierige Zeit durchmachte, betreute ich ihn kostenlos. In der Mittelschule war es sehr schwierig, dazu kam, dass er dreisprachig aufwuchs und leider bekam er den SPF. Wir hatten viele Höhen aber auch viele Tiefen-aber er schaffte diese Schule mit viel Fleiß und hartem Training. Dann hatten wir sehr großes Glück. Er kam in ein Programm der ÖBB-hatte da ein Jahr länger Zeit für seine Lehrlingsausbildung. In diesem Programm waren sehr nette Lehrer, die ihm halfen. Er kam dann nicht mehr zu mir-sondern hielt mich mit Anrufen auf dem laufenden. Was mich so freute war, dass er dort einfach glücklich war und sich wirklich entfalten konnte. Nach längerer Zeit rief er mich kurz vor Weihnachten an- und wir machten uns ein Treffen aus. Stolz erzählte er mir, dass er der Beste in der Berufsschule war und mit seiner Ausbildung fertig ist-und ihn die ÖBB behalten wird. Also er hatte einen fixen Job-vor allem einen Job, der ihm Freude macht. Ich freut mich so für ihn-und dann kam der Punkt, bei dem ich fast weinen musste. Er gab mir ein Kuvert-und ich dachte, dass er mir eine Weihnachtskarte geschrieben hat-nein es war Geld von seinem ersten Monatsgehalt-und er sagte: ,,Danke für alles und bitte kaufe dir was Schönes.“

Vor kurzer Zeit war er wieder bei mir. Er hat in der Zwischenzeit seinen Führerschein auf Anhieb gemacht-sucht sich eine Wohnung und stellte mir seine Freundin vor. Es geht ihm sehr gut-und ich werde diesen Burschen sicher nie vergessen!

Elisabeth NuhlElisabeth Nuhl 
Wien
www.sissi-nuhl.com

Der Denkweise eines dyskalkulen Kindes auf der Spur

Meine Erfolgsgeschichte 2015 ist energiegeladen, kreativ, ausgeflippt und hat einen Namen. Sie heißt Marie, ist neun Jahre alt, geht in die 3. Klasse einer Grundschule und kommt seit ein paar Wochen zu mir zum Dyskalkulietraining. Immer bringt sie eine riesige Portion Energie und gute Laune mit.

Nur eins machte Marie Bauchschmerzen. Die Uhr abzulesen, wollte ihr einfach nicht gelingen. Sie kannte zwar schon die Zeiger und ihre Aufgaben; auch die Zahlen konnte sie ablesen, aber was dies dann bedeutet blieb ihr schleierhaft. Sie konnte sich einfach nicht merken, welche Uhrzeit zu welcher Tageszeit gehört. Erst recht nicht, wenn es über die Mittagsstunde hinaus ging. Das nervte Marie sehr, denn sie musste zusätzliche Übungseinheiten absolvieren, was sie so gar nicht mochte.

Um mir ein Bild zu machen, schaute ich mir alle Übungen und Arbeitsblätter an, die Marie bisher zum Thema Uhrzeit gelöst hatte. Ich versuchte mich in Maries Lage hineinzuversetzen und suchte nach möglichen Stolperstellen. Da fiel mir etwas auf. Alle Übungen waren nach dem gleichen Schema aufgebaut. Es wurde eine Uhrzeit festgelegt und die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit wurde erwartet.

Z.B.: „Schau, wie spät ist es hier? Was machst du um diese Uhrzeit?“

Ich analysierte, welche Gedankengänge nötig sind, um diese Aufgaben zu lösen.

  1. Ich muss die Zeiger der Uhr einer bestimmten Uhrzeit zuordnen.
  2. Ich muss überlegen, was diese Uhrzeit für die Tageszeit bedeutet.
  3. Ich muss dann noch überlegen, was ich zu dieser Tageszeit mache, Ausnahmen eingeschlossen.

Es sind also genaugenommen drei Aufgaben hintereinander zu bewältigen. Das war zu viel für Marie. Irgendwo auf dem Weg konnte sie die Aufmerksamkeit nicht mehr halten und driftete ab.

Ich hatte mit Marie schon über verschiedene Tagesaufgaben gesprochen. Wie etwa:

„Wann musst du denn aufstehen, um pünktlich in der Schule zu sein?“ Oder: „Wann machst du deine Hausaufgaben?“ und „Wie lange darfst du draußen spielen?“. Das hatte sie stets beantworten können. Also kam ich zu dem Schluss, dass alle Übungen genau umgedreht aufgestellt sein müssten.

Z.B.: „Schau, auf diesem Bild frühstückst du gerade. Wann tust du das? Wie spät ist es dann?“ Das ist auf den ersten Blick nur eine kleine Umformulierung, aber es entspricht Maries Denkmuster, denn:

  1. Dass sie morgens aufsteht und nicht nachmittags, ist ihr klar. Sie weiß sogar die Zeit: 7.00 Uhr.
  2. Weil sie die Zeit weiß, kann sie die passende Zeigerstellung auf den Uhren findet. Es ist nämlich die, wo der Stundenzeiger auf der 7 steht.
  3. Jetzt kann sie die Zeit einfach ablesen und die Aufgabe lösen.

Ich besprach die Änderung der Übungsstrategie mit Maries Eltern und ihrer Lehrerin. Alle zeigten sich interessiert und versprachen, das neue System umzusetzen.

Nach drei Wochen bekam ich folgende E-Mail von der Lehrerin:

„Ihr Tipp Marie ausgehend von eigenen Tätigkeiten am Tag die Uhrzeiten verinnerlichen zu lassen, hat weitestgehend funktioniert. Sie kann ihren Aktivitäten eine Uhrzeit zuordnen. Da sie das auch nach einigem Abstand noch konnte, denke ich, dass sie das wirklich sicher weiß. Danke für Ihre Unterstützung.“

So kann´s weitergehen…

Christine Marquardt-Hirsch, B.A.Christine Marquardt-Hirsch, B.A. 
Schöffengrund Niederwetz, Hessen
www.sela-laufdorf.de.tl

Legasthenie und Hochzeit

2011 nahm eine gewisse Frau A. zu mir Kontakt auf. Sie schilderte mir, dass ihr Partner Herr B., 47 Jahre alt, nicht regelkonform lesen und schreiben könne. Sie würde deshalb eine Legasthenie vermuten. Da Herr B. zum damaligen Zeitpunkt zu schüchtern war und auch Scham hatte, ließ sie mich wissen, dass sie ihm aber damit helfen wolle, indem sie einen Erstkontakt zu mir als diplomierten Legasthenietrainer herstelle. Wir vereinbarten einen Gesprächstermin.

An jenem Tag erzählte mir Frau A., dass ihr aufgefallen sei, dass ihr Freund in Gaststätten und Restaurants immer nach ihr bestellte und immer dasselbe orderte wie sie. Nachdem ihr dieses mehrfach aufgefallen war, sprach sie ihn daraufhin an. Herr B. gestand ihr, dass er nicht richtig lesen und schreiben könne. Dieses Geständnis fiel Herrn B. nicht leicht, so berichtete er, denn er habe Angst gehabt, seine Freundin zu verlieren. Herr B. machte aber während des weiteren Verlaufs des ausführlichen Anamnesegesprächs überzeugend deutlich, dass er unter der Situation des Nichtrichtig-lesen- und schreiben könnens sehr leide, sich dafür schäme, aber nun endlich etwas ändern wolle.

Weiterhin berichtete Herr B., dass bisher seine Töchter seine als Handwerker zu führende Stundenzettel korrigieren würden, da er diese bei seinen Kunden vorlegen und unterschreiben lassen müsste. Würde er dies nicht tun, so meinte er, gelte er als dumm und unqualifiziert. Wenn seine Töchter verhindert seien, greife er auch gerne zu der Ausrede, er habe keine Zettel mehr dabei und würde am Folgetag nochmals vorbeikommen, um sich eine Unterschrift geben zu lassen. Auch das Lesen von Straßennamen auf dem Weg zur Kundschaft bereitete ihm Probleme. Kurzum: Durch seine Lese- und Rechtschreibproblematik stoße er oftmals an seine Grenzen. Im weiteren Verlauf der Anamnese legte Herr B. ebenfalls dar, dass er Defizite in seiner Konzentrationsleistung habe. Nach unserem vertrauensvollen Gespräch und einiger Erläuterungen meinerseits vereinbarten wir einen Termin um baldigst mit dem Training zu beginnen.

In unserer ersten Trainingsstunde 2011 ließ ich ihn zunächst einen kurzen Absatz lesen und einige Sätze schreiben. Um ihm den Einstieg zu erleichtern, sollten dies Wörter und Sätze sein, die er sich selbst ausdenken sollte. Hier zeigten sich erhebliche Schwierigkeiten und Defizite in der Orthografie, Leseleistung und Textverständnis. Ich entschied mich, mit ihm an die Erarbeitung des Alphabets heranzugehen. Herr B. war emotional betroffen, da er feststellen musste, dass er dieses nicht fehlerfrei aufsagen konnte. An dieser Stelle war natürlich Einfühlungsvermögen gefragt. Im weiteren Verlauf übten wir in einer wöchentlichen Regelmäßigkeit; zu Hause übte er regelmäßig mit Frau A.. So konnten wir erfreuliche Fortschritte im Leseverstehen, der Leseflüssigkeit, der Konzentrationsfähigkeit und der Rechtschreibleistung machen. Machte er anfangs bei ca. 120 Wörtern rund 50 Fehler, so sind wir heute bei nicht mehr als 10 Fehlern. Die Vertrauensbasis zwischen uns festigte sich und so bat er mich eines Tages, einen Liebesbrief für seine Partnerin
nachzuschauen, was ich natürlich gerne tat.

Mittlerweile haben wir das Trainingsintervall auf 14-täglich verändert. Das Training mache ihm weiterhin Spaß. Er möchte dieses auch zukünftig in seinem Wochenrhythmus integrieren. Letztlich wurde ich sogar zu seiner diesjährigen Hochzeit eingeladen.

Nik Dinges-VonderlehrNik Dinges-Vonderlehr 
Büdingen, Hessen
www.lfz-stressfrei.de

Unvergessene Legasthenietrainerin

Im ersten Jahr als Legasthenietrainerin kam zu Beginn des Schuljahres der 9-jährige Claudio als Trainingskind zu mir. Claudio war ein lustiger, offener und intelligenter Bub mit feuerrotem Haar und unzähligen Sommersprossen im Gesicht. Die Chemie zwischen uns stimmte vom ersten Moment an.

Wie der AFS-Test ergab hatte er große Probleme im auditiven Bereich, und da er kurze und lange Vokale nur schwer unterscheiden konnte, war seine Rechtschreibung dementsprechend katastrophal.

Wir machten also Übungen in seinen Problembereichen und daneben ein regelgeleitetes Rechtschreibtraining. Zusätzlich bearbeiteten wir seine ganz speziellen hartnäckigen Fehlerwörter wie z.B. „ Maschine“ und „vielleicht“.

Jeden Dienstag kam Claudio freudestrahlend in meine Praxis gesprungen und einmal verkündete er : „ Der Dienstag ist mein Lieblingstag, da darf ich zu dir kommen!“ Das schönste Kompliment für mich.

Manchmal brachte er mir auch kleine Geschenke mit. Einmal einen lebensgroßen, auf Packpapier gemalten Clown mit feuerroten Haaren. Dieser „Claudio“ zierte lange Zeit die Eingangstüre meiner Praxisräume.

Claudio war mit so großem Eifer bei der Sache, dass sich der Erfolge bald einstellte und er seine Deutschnote stark verbessern konnte. Am Ende unserer Zusammenarbeit schaffte er problemlos den Übergang ins Gymnasium.

Heuer nun traf ich mein ehemaliges Trainingskind wieder. Ich war auf der Mariahilferstraße unterwegs, als mich ein junger Mann mit feuerrotem Haar ansprach. Claudio! Erst auf den zweiten Blick erkannte ich ihn.

Er erzählte mir, dass er noch in diesem Jahr sein Maschinenbaustudium abschließen werde. Etwas verlegen gestand er mir dann, wie oft er noch an mich denke: „ Immer wenn ich das Wort „ vielleicht“ schreibe, höre ich deine Stimme: < Claudio, viel und leicht, zwei l > “

Inge WildingInge Wilding 
Wien

Herzensangelegenheit

Mein Name ist Sabine Eckhardt und ich bin 1967 geboren. Nach meiner Schulzeit (Abschluss Mittlere Reife) habe ich mehrere Berufe erlernt, Kosmetikerin, Verkäuferin, Bürokauffrau und Buchhalter. Alle Berufe haben mir viel Spaß gemacht.

In meiner Schul- und Lehrzeit war ich sehr lange als Jugendleiter in der Jugendarbeit tätig. Durch meine Kinder entdeckte ich wieder, mehr für Kinder da zu sein.

Ich übernahm die Patenschaft eines Spielplatzes und war dort als Streitschlichter tätig. Zwei Jahre war ich 1. Vorsitzende eines Kindergartens und arbeite ehrenamtlich auf der Internetseite KlassenarbeitenBoerse.de mit.

Seit mehreren Jahren bin ich in der Hausaufgabenbetreuung tätig und erteile Nachhilfeunterricht in Alzenau / Aschaffenburg.

Seit 2011 bin ich “Diplomierte Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin (EÖDL)”.

Ich bin selber betroffen mit Legasthenie, unterrichte Schüler, die Legasthenie, Dyskalkulie, LRS, ADS und ADHS haben, entwickle Lernstrategien und Unterrichtsmaterial.

Mein Herzensanliegen ist, Kinder in ihrer schulischen Weiterbildung zu unterstützen, da gut ausgebildete Kinder eine erfolgreiche Zukunft haben.

Die Berichte, die ich poste, sollen nachdenklich stimmen. Es ist wichtig, die Menschen darüber zu unterrichten, was mit den Kindern passiert. Es gibt kaum eine Seite im Netz, die so geballt darüber postet, wie ich.

Mein Onlineshop ist im Oktober 2011 von mir selbst entworfen worden. Alles was mit Technik, Grafik, Autor, usw. angeht, mache ich selber. Meine Mannschaft besteht aus freien Autoren und Korrekturlesern. In diesem Shop sind zurzeit von mir selbst entworfene 45.000 Arbeitsblätter veröffentlicht. Meine Arbeitszeiten sind ab 6.15 bis 20.00 Uhr. Nachmittags bin ich als Trainer tätig und unterrichte Schüler. An den Wochenenden bearbeite ich „Kleinkram“.

Ich versuche, mit meinem Team einen eigenständigen großen Verlag aufzubauen.

Meine Absicht ist, gutes Material für wenig Geld zu veröffentlichen, sodass jedes Kind Freude und Erfolg erlebt. Sie sollen merken, dass auch Schule Spaß machen kann. Wie wichtig es ist zu lernen, da Kinder unsere Zukunft sind.

Mein Traum ist es, dass mein Verlag so viel abwirft, um meine eigene Schule zu gründen. Um dort zu zeigen, wie man Unterricht effektiver gestalten kann, welches Material eingesetzt wird, das auch sinnvoll ist. Ich habe aus meinem Hobby und meiner Schwäche den Beruf gefunden, den ich sehr liebe. Bei meinen Schülern stelle ich ein Leuchten in den Augen fest, wenn sie gute Noten schreiben, obwohl die Lehrer sie schon auf die „Loserliste“ gesetzt haben.

Ich helfe vielen Kindern ehrenamtlich und bin stolz darauf.

Da ich noch Schöffin bei Gericht bin, stimmt es mich traurig zu sehen, wie viele ihre Zukunft verbauen.

Wenn sie eine bessere Schulzeit und mehr Erfolgserlebnisse gehabt hätten, bin ich der Überzeugung, dass nicht so viele auffällig geworden wären.

Sabine EckhardtSabine Eckhardt 
Alzenau, Bayern
www.legakulie.de

Über das Werken zum Lernerfolg

Hansjörg kam als 11-jähriger im Rahmen des Praxisteiles während meiner Ausbildung zum Legasthenietrainer im August 2012 zu mir. Hansjörg hatte gerade die vierte Klasse beendet und stand vor dem Übertritt in die Mittelschule. Er wuchs in einem schwierigen sozialen Umfeld auf. Die Mutter berichtete, dass die Schwangerschaft schwierig und nicht ohne Komplikationen verlaufen war. Hansjörg kam als sogenanntes Frühgeborenes in der 31. +1 SSW zur Welt. Er bekam bereits Förderung wegen verzögerter Sprachentwicklung mit sehr undeutlicher Aussprache, 2008 logopädische Therapie bei Dysgrammatismus und Dyslalie zur Verbesserung der Mundmotorik. Dem Bericht des sozialpädiatrischen Zentrums von 2011 war zu entnehmen, dass Hansjörg ein Fall für die Förderschule sei und eher nicht die Regelschule besuchen sollte. Auch sein Vater hatte die Förderschule besucht. Hansjörg war im Sommer 2007 aufgrund einer Sprachverzögerung in die Diagnoseförderklasse des Sonderpädagogischen Förderzentrums xxx eingeschult worden und hat von dort aus im Sommer 2009 den Wechsel in die 2. Klasse der Regelschule vollzogen. Die Mutter berichtete, dass Hansjörg nach der Einschulung in die Förderschule alle seine Freunde verloren hatte und von seinem sozialen Umfeld vollkommen ausgegrenzt war. Als er dann wieder in die Regelschule zurückkam, versuchte er mit allen Mittel wieder Anschluss bei seinen alten Freunden zu finden.

Seine Freunde wurden zu seinem Mittelpunkt, die Hausaufgaben wurden vernachlässigt. Das Problem war aber, dass Hansjörg nur dann gebraucht wurde, wenn die anderen gerade keine Zeit hatten. Waren mehrere Kinder wieder zusammen, war er wieder außen vor. Auch in der Schule wollte er im Mittelpunkt sein und tat alles um von den Mitschülern akzeptiert zu werden. Dies gelang nur dann, wenn sie ein Opfer brauchten.

Als Hansjörg das erste Mal bei mir war, sagte er die für mich schockierende Worte: „Mit mir brauchst du nichts machen, denn ich bin ja für alles zu dumm.“ Auf die Frage wer so etwas sage, antwortete er, alle, auch die Eltern sagten, er sei für alles zu dumm. Hansjörg hatte zu diesem Zeitpunkt weder Selbstbewusstsein noch besaß er ein Selbstwertgefühl.

Gleich zu Beginn des neuen Schuljahres suchte ich den Kontakt mit seiner Klassenlehrerin und der Schule. Dort bat man mich, umgehend Kontakt mit der Schulpsychologin aufzunehmen. Diese meinte, Hansjörg sei ein klarer Fall für die Förderschule. Ich stimmte ihren Ausführungen zu, gab aber zu bedenken, dass Hansjörg bereits sehr negative Erfahrungen mit den Verlust seiner Freunde und der damit verbunden Ausgrenzung gemacht habe und das erneute Herausreißen aus seiner Umgebung schlimme psychischen Folgen für Hansjörg nach sich ziehen würde. Sie willigte ein, dass Hansjörg vorerst die Mittelschule besuchen kann, unter der Bedingung, dass er einmal pro Woche zu mir zum Training kommt.

Hansjörg kam ein mal wöchentlich zum Training. Oft wurde er von uns abgeholt und wieder nach Hause gefahren. Hansjörg fühlte sich bei mir ernstgenommen und erlebte beim Arbeiten und beim Spielen eine Wertschätzung, die er bisher so nicht kannte und die ihm sehr gut tat.

Anfangs war das Augenmerk des Trainings vor allem darauf ausgerichtet, Hansjörg wieder ein Selbstwertgefühl zu vermitteln. Durch das offene AFS Trainingskonzept konnten Übungen aus der Evolutionspädagogik und Brain-Gym gut eingebaut wer-den. Hier erwies sich die Zusammenarbeit mit Hansjörgs’ erfahrenen und kompetenten Lehrerin als hilfreich. Sie bat mich um Tipps für ihren Umgang mit Hansjörg, der im Unterricht sehr unruhig sei und fast untragbar für die Regelschule.

Wir setzen im Fach WERKEN an, weil Hansjörg hierin sehr gut war. Seine Lehrerin kommunizierte mehr auf der Beziehungsebene als auf der Sachebene (reine Wissensvermittlung) mit ihm. Er wurde seinem Lernprofil entsprechend vor ihrem Pult in die erste Fensterreihe gesetzt, und er durfte während des Unterrichts unter seinem Tisch Knetmasse kneten, was ihn wesentlich ruhiger und aufmerksamer machte. Hansjörg bekam auch im Zeugnis seine gerechte Note, nämlich als einziger in der Klasse im Fach WERKEN die Note „Sehr gut“. Er lernte dadurch, dass er etwas kann, was andere nicht können, und dies steigerte sein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Bereits nach ein paar Monaten war das Thema Regelschule oder Förderschule nicht mehr vorhanden. In Gesprächen mit der Lehrerin bedankte diese sich immer wieder bei mir und betonte, dass ohne meine Hilfe und Einsatz für Hansjörg dies nicht möglich gewesen wäre. Sie sei auch erstaunt, welche Fortschritte er im Bereich Rechtschreibung und Lesen mache. Nach ca. 1 1/2 Jahren zählte Hansjörg in Mathematik zu den drei Besten und in Deutsch tentierte er zur Note 3.

Da die gesamte Entwicklung von der Schulpsychologin verfolgt wurde und wir ständig in Kontakt standen, entwickelte sich auch hier eine gute Zusammenarbeit.

Hansjörg hatte das Glück, von einer Lehrerin unterrichtet zu werden, die gewillt war, ihm zu helfen und ihm mit meiner Unterstützung ein Verbleiben auf der Regelschule ermöglichte.

Gerhard NehlGerhard Nehl 
Arnbruck, Bayern
www.stressfrei-lernen.com

Rechnen mit allen Sinnen

Lena lernte ich in der Praxisphase des Dyskalkuliefernstudiums kennen, sie wiederholte das zweite Schuljahr, da die Schwierigkeiten in Mathematik immer deutlicher wurden. Schnell wurde mir klar, dass sie seit zwei Jahren zählte. Der Rechentest und eine qualitative Analyse zeigten außerdem, dass Lena Schwierigkeiten mit dem simultanen Erfassen von Mengen und keine Zahlenraumvorstellung entwickelt hat. Die Zahlzerlegung bis 10 und somit auch einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben ohne Zehnerüberschreitung waren nicht automatisiert. Ihre Mutter berichtete, dass Lena Schwierigkeiten hat, sich das kleine Einmaleins zu merken. Im AFS- Test zeigten sich stark differente Sinneswahrnehmungen im Bereich Optische Differenzierung, Optisches Gedächtnis, Akustisches Gedächtnis, Akustische Serialität und Raumorientierung.

Ein mathematischer Neuaufbau war notwendig und auf der Basis der Ergebnisse erstellte ich einen individuellen Förderplan. Ich ging mit viel Elan und Freude, aber auch mit dem Bewusstsein einer schwierigen Aufgabe, in das Training mit meinem ersten Dyskalkulietrainingskind!

Da Lena in den zwei Schuljahren bereits eine Abneigung gegen Mathe entwickelt hatte, war es mir besonders wichtig, dass sie Freude am Training hat, mit einem positiven Gefühl aus der Stunde geht und mit kleinen Erfolgen langsam wieder Spaß am Rechnen entwickelt. Wichtig war auch das Gespräch mit der verständnisvollen Lehrerin, die ihr im dritten Schuljahr einen Nachteilsaus-gleich gewährte.

Zunächst trainierte ich mit ihr die beiden Bereiche Optische Differenzierung/ Optisches Gedächtnis und zu Beginn jeder Stunde gab es eine Übung zur Aufmerksamkeitssteigerung.

Die schwierigste Aufgabe war jedoch: wie vollziehen wir den Schritt vom Zählen zum Rechnen, da sich dieses schon sehr verfestigt hatte?

Jegliches Anschauungsmaterial schien mir vorerst ungeeignet, da es sie wiederum zum heimlichen Zählen verführt hätte. Ich entschied mich dann für die kybernetische Methode. Zunächst waren die Lerneinheiten sehr anstrengend für Lena, denn erstmals war sie gefordert, sich Mengen (also Fingerbilder) und Zahlen innerlich vorzustellen und miteinander in Beziehung zu setzen. Aber es gelang! Und sie schaffte es im Laufe unseres Trainings im ersten Jahr das Zählen weitgehend zu überwinden! Nachdem das Zahlen- und Operations-verständnis abgesichert war und Lena eine Vorstellung vom Zahlenraum entwickelt hatte, begannen wir ein gezieltes Speichertraining der Rechenaufgaben bis 10 und des Einmaleins. Es war ein sehr schönes Erlebnis zu sehen, wie sich Lenas Sinneswahrnehmungsleistungen, mathematisches Verständnis und Können stetig verbesserte und sie immer wieder „Aha-Erlebnisse“ hatte! In einer Stunde z.B. empfing sie mich erfreut: “Frau Winckler, ich kann auf einmal den Zahlenstrahl sehen“.

Lenas liebstes Mathespiel ist das Mathe4Matic- Kartenspiel, das schon lange ein fester Bestandteil jeder Trainingsstunde ist: Besonders in der Spielvariante „Schon wieder 10“ schlägt sie mich inzwischen durch ihre Schnelligkeit! Es hat mit Sicherheit den Spaß am Rechnen gefördert und Gelerntes gefestigt!

Natürlich gab es in den drei Jahren auch immer mal wieder (ferienbedingte) leichte Rückschritte, aber aufgeben wollte Lena nie.

Seit Beginn des vierten Schuljahres schreibt Lena keine differenzierten Arbeiten mehr, kann dem aktuellen Unterrichtsstoff folgen und steht auf einer 3! Ein guter Start in die weiterführende Schule!

Herzliche Grüße an alle und an den EÖDL Danke für die hervorragende Ausbildung!

Dipl.Päd. Astrid WincklerDipl.Päd. Astrid Winckler 
Mainz, Rheinland-Pfalz
www.lernmobil-mainz.de

In guter Erinnerung

Seit über 20 Jahren arbeite ich nun schon mit LRS – Kindern. Was als „Nachhilfe“ begann hat sich immer weiterentwickelt. Bis zu dem Entschluss das Fernstudium beim EÖDL zu absolvieren. Nun arbeite ich seit fast drei Jahren als diplomierte Legasthenietrainerin in meiner Lernpraxis, dem LernReich-Schmid in Esslingen. Gerne denke ich an ein besonders positives Erlebnis zurück.

Eines Tages erreichte mich ein Telefonanruf:„Hallo Frau Schmid, kennen Sie mich noch? Ich bin Willi und war bei Ihnen.“ Ja, natürlich, der Willi war wegen seiner Legasthenie in der Grundschulzeit bei mir im Lerntraining. Jetzt ist er 19 Jahre alt und fragt mich, ob ich ihm helfen könnte.

„Ich mache die Fachhochschulreife und muss in der Deutschprüfung eine Erörterung schreiben. Machen Sie auch Prüfungsvorbereitung?“

Wir haben zusammen für die anstehende Prüfung geübt. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, in Deutsch eine drei zu schaffen und war motiviert bei der Sache. Sein „Bammel“ vor der Deutschprüfung legte sich und am Ende fühlte er sich so sicher, dass er ohne übertrieben große Angst in die Prüfung ging.

Mich freut es zu sehen, dass er einen erfolgreichen Weg gegangen ist und sein anstrengendes Lerntraining in der Grundschulzeit auch etwas zu seinem Erfolg beigetragen hat.

Er hat in der Deutschprüfung eine 2,5 geschrieben. Freudestrahlend kam er zu mir und hat sich für die Hilfe bedankt.

Brigitte SchmidBrigitte Schmid 
Esslingen, Baden-Württemberg

Mein Erfolg als Ergotherapeutin

Die Klientin A. kam im Alter von 8 Jahren (3.Klasse GS, frühzeitige Einschulung) in meine Trainingsstunden. Der AFS – Test und weitere ausführlichere Untersuchungen zeigten eine Legasthenie auf, die dann in einer psychologischen Untersuchung bestätigt wurde.

Nach 4-Jährigem intensivem Training (mit Unterbrechungen in den Ferien, wobei immer Trainingsmaterial mitgegeben wurde und ½ Jahr Unlust der Klientin) führte ich das Training durch. Wobei mir mein Beruf als Ergotherapeutin sehr zugute kam, zum einen, wenn es um die Defizite der Wahrnehmungsbereiche ging und zum anderen in der kreativen Gestaltung der Trainingseinheiten.

Bei erneuter psychologischer Untersuchung wurde der Familie mitgeteilt, dass keine Legasthenie mehr attestiert werden kann, da nur noch eine leichte Lese- und Rechtschreibschwäche vorläge.

Da war die Freude bei A., ihren Eltern und mir sehr groß und ich, auch ein wenig stolz auf mich ;-))

Sylvia HornSylvia Horn 
Diepersdorf, Bayern